Helmut Krumpel | Biographie

Geboren am 8. Oktober 1941 in Wien. Studium an der Akademie für angewandte Kunst in Wien, bei Prof. Carl Unger.




Licht in der Tiefe des Spiegels. Der Maler Helmut Krumpel

Helmuth A. Niederle

Eine Schlussbemerkung zu den Formaten der Arbeiten des Malers. Er kennt nur zwei Bildgrößen: Große Ölbilder und kleine Formate. Das Mittelformat, das in Galerien am ehesten verlangt wird, gibt es so gut wie überhaupt nicht. Auf die Frage, warum Krumpel nur "ausgefallene" Größen anbieten könne, zeigt er eine Bewegung mit zwei Radien: Das Drehen im Handgelenk und das Drehen im Schultergelenk. Beide Drehungen ermöglichen ihm, einen Bewegungsablauf auf die Bildfolge zu bringen. Sitzend vor dem Tisch das Kreisenlassen der Hand, stehend vor der Staffelei das Kreisenlassen im Schultergelenk ermöglichen Bewegungen, die konzentrisch sind. Das Drehen im Ellenbogengelenk liegt ihm nicht, daher fehlt das Mittelformat. Die Erklärung ist derartig simpel, dass sie fast unglaublich klingt.

Kulturzeitschrift NÖ, morgen 36/84




Durchstoßen von Grenzen

Ohne Anlass etwas über den Maler Helmut Krumpel

Von Kristian Sotriffer

Ein Maler wie andere? Mehr oder weniger bekannt (herumgereicht, ausgestellt, mit Aufträgen versehen)? Ja und nein. Erstens ist er weit unter seinem Wert bekannt, gefragt; selbst Insider kennen seinen Namen kaum oder nichts von seiner Arbeit...

... seine Arbeit die sich nun kontinuierlich und konsequent entwickelt hat aus dem Bemühen, ein In-, ein Zu-, ein Miteinander auf mehreren Ebenen zu erreichen. Dabei wählt er gern diaphanes Material, auf dem er malt, sucht Zwischenträger, Zwischenbezügliches. Sucht er Mauern zu durchlöchern, transparent zu machen, druchlässig für viele Gedanken, die um alles kreisen, was den Menschen, die Ich-Du-Beziehung, das Konfliktreiche der Existenz bestimmt - im Grunde alles sehr einfach, ja trivial. Und doch so kompliziert, vielschichtig und >sperrig< wie seine Malerei, die zugleich auch die vielen, immer wieder reklamierten und nicht erkannten Schönheiten birgt, die zu erzeugen ihm ebenso selbstverständlich ist wie das gelegentliche Kämpferische, ja Zerstrittene, Auseinanderfallende in seinen Bildern, denen er doch auch Homogenität verleihen möchte. Ein sanfter, aber eben auch darin schwieriger Maler (und Graphiker), nicht leicht zu erkennen...

... Er hat eine Serie von zwölf Farbradierungen zu Ernst Jirgals Gedicht >Die Meere des Traumes< veröffentlicht, das mit der Zeile endet: >Und Mauer kreischt Plage<. Der Mensch vor der Mauer (und es gibt noch andere als die verschwindende in Berlin) und zugleich in ihr - das ist ein altes Thema des Künstlers: und sein Wunsch, sie zu durchbrechen, sie zu durchstoßen, verwandelt durch sie hindurchzugehen. Und wenn ihm eine Fläche, auf der er meist delikate Farben in kraftvollen Durchmischungen zu visionären Gestaltungen führt, für sein Ausdruckswollen nicht ausreicht (weil er ja auch Räume schaffen möchte), entwirft er Triptychen, flügelaltarähnliche Fügungen. Kästen und in den Raum gestellte aufeinander ausgerichtete Bildtafeln oder eben auf transparentem Material fixierte Staffelungen in eine Tiefe mit einander überlappenden Teilen. Daraus spricht sein Drang, Analogien für die wiederzugewinnende Einheit von Körper und Seele zu finden, und deshalb muss er zuerst einmal hineinstoßen in Zonen der Ruhe, des Lichts, des Wohlgefügten, des Körperlosen.

Der Text von Kristian Sotriffer erschien im NÖ-Journal Nr. 87/88 Juli/August 1990




Mappenwerke / Bilder / Objekte

Im Vorwort zum Katalog >Mappenwerke / Bilder / Objekte< schreibt Peter Zawrel anlässlich der Ausstellung des Künstlers im Niederösterreichischen Landesmuseum im Jahr 1996:

Helmut Krumpel zu besuchen, ist eine Reise hinter die sieben Berge, tief hinein ins niederösterreichische Alpenvorland, und je näher das Ziel eines solchen Besuches rückt, desto unwirklicher gerät einem die Vorstellung, hier könnte ein Künstler leben, der sein Werk irgend etwas anderem widmet als der Natur und ihrer malerischen Farbenpracht, die dann auch durch die großen Atelierfenster ungestüm in die Werkstatt hereindringt - die vollgeräumt ist mit den Zeugnissen eines der technisch kompliziertesten und konzeptuell anspruchvollsten druckgrafischen Oeuvres, welches sich denken lässt, in dessen Zentrum seit nunmehr fast dreißig Jahren das Bildnis des Menschen steht. Dasselbe gilt für die Zeichnung und Malerei, die mit ihren oft übergroßen mehrteiligen Formaten Wände (sachte) füllen und Räume (leise) sprengen, während die Grafiken, Kassetteneditionen und Objekte oft von einer miniaturhaften Kleinheit sind, insbesondere letztere jedoch eine monumentale Größe in sich bergen, die man gerne einmal in begehbarer Form erleben möchte.

Helmut Krumpel, Jahrgang 1941, gehört der letzten Generation an, die noch mit den Gefahren des Krieges und den Entbehrungen der Nachkriegszeit aufgewachsen ist. Er gehört einer Künstlergeneration an, die sich in auffälliger Dichte und Konsequenz dem Menschen zugetan hat, seine physische Präsenz und psychische Integrität immer wieder in Frage stellend. Die Schablone, das Leere, die durchsichtige Mehrschichtigkeit, Überlagerungen wie Sedimentierungen, aber auch schwungvolle Zeichnungen etwa in der Radierung sind Krumpels bildnerische Mittel dazu. Menschenbildner ist er jedoch im doppeldeutigen Wortsinn. Eine pädagogische Komponente, ein aufklärerischer Gestus lassen sich an seinen Werken nicht verheimlichen, auch dann nicht, wenn sie mit feiner Ironie begleitet oder von einem spielerischen Umgang - oft Voraussetzung für das Verstehen, wie ein Objekt, eine Kassette mit Druckgrafik (wobei die Übergänge zwischen solchen Gattungen fließend sind) >funktioniert< - verdeckt werden; denn die meisten Arbeiten Helmut Krumpels haben keinen repräsentationalen Charakter. Daher sind sie auch nicht für das geeignet, was der bildenden Kunst in Österreich im allgemeinen bestenfalls widerfahren kann: zum Schmuck eines Raumes beizutragen, emotionale Regungen provozieren, die Ehre ihres Besitzers zu mehren. Krumpel dagegen fordert für seine Werke eine Aufmerksamkeit ein, die an alter Kunst geschult ist, eine Genauigkeit im Verstehen-Wollen poetischer Strukturen in einem ganz althergebrachten Sinn und eine Leidenschaft für den Umgang mit Kunstwerken im Sinne eines tatsächlichen >Gebrauchens<. Spontaneität kommt bei Krumpel im Denken zum Ausdruck, in den Werkideen, deren Visualisierung das Ergebnis eines reflexiven Prozesses ist.